Fränkische Nachrichten, 10.05.2023

Ausgereifte Darbietung begeisterte

Facettenreiches und inspirierendes Konzert.
Wehmütiger Abschied von Chorgründer Erhard Rommel.

Ganz besonders seinem Namen gerecht wurde der Chor Cappella Nova bei einem innovativen und inspirierenden Konzert in der gut besuchten Schlosskirche.

Neugierde weckte schon der Titel „Missa. Jazz – Gospel – Tango“ mit zeitgenössischen Kompositionen von Ulrich Zeitler, Martín Palmeri, Stephan Zebe und Mark Hayes.

Das renommierte Solistenensemble mit der Würzburger Sopranistin Maria Bernius, dem Berliner Saxophonisten Uwe Steinmetz, dem Karlsruher Pianisten Christoph Georgii und Karin Eckstein aus Ellhofen mit dem Bandoneon, Argentiniens Nationalinstrument, trug unter der präzisen Leitung von Prof. Karl Rathgeber wesentlich zu dem einzigartigen Konzerterlebnis bei.

Am Abend standen alle Mitwirkenden noch unter dem Eindruck des unerwarteten Todes des Chorgründers und Ehrenchorleiters Erhard Rommel, der – wie der Dirigent mitteilte – den Konzertbesuch fest eingeplant und noch die letzte Probe besucht hatte. Prof. Rathgeber betonte, „ohne ihn hätte es den Chor nicht gegeben“ und teilte dann eine Programmänderung mit. Das den Abend einrahmende „Cantate Domino“ des US-amerikanischen Komponisten Mark Hayes werde nach dem Auftakt nicht mehr als Wiederholung zum Schluss aufgeführt. Vielmehr werde zum Gedenken an den Verstorbenen nach dem „Agnus Dei“ aus der „Misa a Buenos Aires“ von Martín Palmeri der Chor schweigend den Kirchenraum verlassen.

Soweit der nachvollziehbare Plan für einen Moment der Besinnung. Denn nach sanften Klavierklängen gewann das „Cantate Domino canticum novum“ („Singt dem Herrn ein neues Lied“) mit einer verblüffend eingängigen Kombination aus klassischer Kirchenmusik und zeitgenössischen Gospelgesang so an Dynamik und Kraft, dass man die geplante Wiederholung als Finale wohl als nicht angemessen empfand.

Vom Kanon zum Gospel

Doch eine Vielzahl der Besucher war am Ende so angetan von den ausgereiften Darbietungen, dass sich helle Begeisterung unvermittelt im Applaus Bahn brach, noch bevor alle Chormitglieder dem Ausgang zustrebten. Umso dankbarer quittierten dann die Solisten und der Dirigent die verdiente und jetzt „einstimmige“ Begeisterung der Zuhörer.

Das Programm mit starken Elementen des Tangos und lateinamerikanischer Musik verblüffte durch eine reizvolle Verschmelzung von klassischen Kirchenmusik-Elementen wie dem Kanon-Gesang und dem Singen in lateinischer Sprache mit der kraftvollen Rhythmik und harmonischen Wendungen des modernen Gospelgesangs.

Noch bei der letzten Chorprobe dürfte Erhard Rommel mit großer Anteilnahme das „Kyrie“ und „Sanctus“ aus der „Missa Credo“ seines früheren Schülers Ulrich Zeitler gehört haben.

Nach seinem Studium in Freiburg ist Zeitler derzeit als Dozent an den Musikhochschulen in Freiburg und Trossingen tätig. Der aus Assamstadt stammende Komponist ließ sich das Konzert in seiner Heimat nicht entgehen.

Die beiden Sätze aus Ulrich Zeitlers Werk mit einer polyphonen Struktur offenbarten eine tiefe musikalische Spiritualität.

Mit den eher ungewöhnlichen Begleitinstrumenten Saxophon und Klavier gelang eine anspruchsvolle Interpretation der katholischen Liturgie. Gregorianische Melodien und zeitgenössische Jazzelemente gingen eine harmonische Verbindung ein.

Das Kyrie als Gebet um Gnade und Vergebung begann verhalten mit einem langsamen, kontemplativen Rhythmus. Die nacheinander einsetzenden Stimmen fanden sich harmonisch, um nach fast majestätischen Anklängen dann wieder sanft auszuklingen.

Im Gegensatz dazu charakterisierte ein schneller, rhythmischer Takt das Sanctus als Lobpreis Gottes, wobei die Intensität noch zunahm, ohne dass der Vortrag des Chores in perfekter Harmonie mit der Sopranistin Maria Bernius an Wirkung verlor. Die in Stuttgart geborene Sängerin war mit ihrem vielseitigen Repertoire schon oft in Würzburg beim Mozartfest oder am Mainfranken Theater Würzburg zu hören und überzeugte mit klarer, leuchtender Stimme.

Neue Facetten des Chores

Im Stil des Tango Nuevo komponierte der argentinische Gitarrist und Wahl-Berliner Coco Nelegatti passend zum vorangegangenen „Sanctus“ das Stück „Milonga del Serafin“ für Gitarre und ein Perkussionsinstrument. In der Schlosskirche war eine reizvolle Bearbeitung für Klavier und Bandoneon mit Christoph Georgii und Karin Eckstein zu erleben, bei dem melodisch-nostalgische und rhythmische Passagen mit starker Dynamik sich gegenseitig emotional verstärkten.

Neue Facetten seines Potenzials zeigte der Chor beim energiegeladenen Stück „Glory be to God on high“ aus der Gospelmesse des Cottbuser Komponisten Stephan Zebe.

Mit Spannung wurde mit den ersten Klänge des Bandoneons Astor Piazzollas weltberühmte Komposition „Libertango“ erwartet, das Paradebeispiel für den Wechsel von klassischer Tangomusik zum Tango nuovo. Souverän glitten die Finger von Karin Eckstein über die Knöpfe, scheinbar spielerisch zog sie die Harmonika auseinander, die sich dabei mit Luft füllte. Im Kirchenraum war es ein Hörerlebnis besonderer Güte. Von manchen Kirchenbänken nur zu hören, aber nicht zu sehen waren Pianist Christoph Georgii und Saxophonist Uwe Steinmetz, die mit unverwechselbaren Klangfarben den Abend bereicherten.

Wehmütiger Abschied

Dank des breitgefächerten Repertoires der Solisten war der argentinische Komponist Martín Palmeri mit dem „Credo“ und dem Agnus Dei“ aus der „Misa a Buenos Aires“ vertreten.

Deutlich herauszuhören war in seiner „Tango-Messe“ die Einbeziehung lateinamerikanischer Folklore mit Elementen des Tangos in klassische Strukturen. Die melancholischen und träumerischen Melodien im Agnus Dei schienen wie geschaffen für das getragen-traurige Zusammenspiel von Klavier und Bandoneon.

So nahm der Chor Cappella Nova mit einem wehmütigen letzten musikalischen Gruß von seinem verdienstvollen Gründer Abschied. Über den nicht eingeplanten Beifall an dieser Stelle wird Erhard Rommel von seiner höheren Warte aus ganz sicher geschmunzelt haben.

Felix Röttger

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