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Als Beitrag zum Mergentheimer "Beethovenjahr" hatte sich Erhard Rommel mit dem Chor Cappella Nova etwas ganz Besonderes vorgenommen: Beethovens selten aufgeführte Messe in C-Dur.
Bad Mergentheim. Die hochkarätige Aufführung markierte einen künstlerischen Höhepunkt der Saison. Der fünfminütige Schlussapplaus in der sehr gut besuchten Schlosskirche zeugte von dem überaus tiefen und nachhaltigen Eindruck, den dieses vom Umfang her relativ bescheidene, doch für Aufführende und Hörer gleichermaßen fordernde Opus der geistlichen Musik ausüben kann.
Hörgenuss zum entspannten Zurücklehnen wird in dieser Messe nicht geboten: Einprägsame Arien oder Melodien sind Mangelware, stattdessen werden die Stimmen der meist im Ensemble auftretenden Solisten konzertant in den Gesamtklang eingebunden. Alles'ist auf geschärften Ausdruck hin konzipiert, die dichte rhythmische Verzahnung der drei Klangkörper-Ebenen von Chor, Orchester und Solistenquartett, die weit gespannten und wechselnden dynamischen Qualitäten fordern Konzentration.
Dass man auch mit den beschränkten Mitteln eines Kammerorchesters mehr als nur einen Eindruck von der Kraft, Imposanz und Großartigkeit Beethovenscher Klangvorstellung vermitteln kann, zeigte sich in der ca. dreiviertelstündigen Aufführung mit den Süddeutschen Kammersolisten und dem gemischten Chor Cappella Nova, die sich in der Schlosskirche allen Schwierigkeiten gewachsen zeigten und unter der Leitung von Erhard Rommel eine mitreißend geschlossene, machtvolle und emotional bewegende Umsetzung der gelegentlich durchaus sperrigen Vorlage erreichten. Erhard Rommel präsentierte dabei einen klassisch moderaten doch keinen lauen Beethoven, er hütete sich vor Überzeichnungen und vermittelte dennoch die dramatische Spannung und Expressivität des einsamen, um Erkenntnis ringenden Gottsuchers, die sich in der aufrüttelnden Tonsprache - besonders im dramatisch eindringlichen „Credo" - explizit oder implizit von Anfang bis Ende wiederfindet.
Einen anderen Aspekt eröffnete die tief empfundene Klangschönheit beispielsweise im „Benedictus". Bemerkenswert, wie „Cappella Nova" in allen Lagen und dynamischen Stärkegraden problemlos präsent war - keine einfache Aufgabe bei dem temperamentvoll zupackenden Kammerorchester und einem Orchestersatz, der beim Einsatz von Bläsern und Pauken nicht spart und in dem verhältnismäßig kleinen Schlosskirchenraum mitunter recht massiv werden kann.
Qualitätvoll waren auch die Leistungen der vier Solisten, unter denen der brillante, ausdrucksvolle und schön geführte Sopran von Anne Ellersiek und Andres Orozcos (kurzfristiger Ersatz für Benjamin Bruns) kerniger und markanter Tenor sich am stärksten einprägten. Dazu fügten sich die warme, wohllautende Altstimme von Yvonne Albes und (mit kleinen Abstrichen) der etwas knarrende, gravitätische Bariton von Friedrich Mack.
Ansprechend ergänzt wurde dieser Abend durch die zwei Romanzen in F-Dur und G-Dur von Beethoven, die den Meister von einer ganz anderen, leichteren und beinahe heiteren Seite zeigen. Die zwei Stücke für Violine und Orchester, zeitlich etwas früher anzusiedeln als die C-Dur Messe, zeigen in ihrer klassischen, unprätentiösen Schlichtheit und ihrem edel-sentimentalen Melos einen Künstler, der (momentan und vorübergehend) einmal Frieden mit sich selbst und der Welt gemacht hat.
Thomas Hess
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